Luisa Neubauer "Kinder haben eine Riesenmacht"

Maresa Stölting

Luisa Neubauer ist Deutschlands bekannteste Klimaaktivistin. Sie organisiert die Demos von Fridays for Future in Deutschland mit, spricht im Fernsehen, auf Social Media und in Büchern über das Klima. Unsere Kinderreporter Moritz (9) und Merle (10) haben sie gefragt, was Kinder gegen den Klimawandel tun können.

Merle: Wann hast du das erste Mal vom Klimawandel gehört?
Luisa Neubauer: Als ich klein war, hat man noch nicht so viel über den Klimawandel gesprochen, sondern eher über Plastik oder Umweltverschmutzung. Ich war ungefähr 12, und das war im Erdkundeunterricht. Ich dachte damals, wenn wir so ein großes Problem haben, dann müssen wir doch irgendwas machen, die Erwachsenen müssten doch etwas tun. Aber die haben nichts getan. Das fand ich merkwürdig und habe nicht ganz verstanden, ob das jetzt wirklich schlimm ist.

Moritz: Was kann ich als Kind für den Klimaschutz tun?
Luisa Neubauer: Ganz, ganz viel! Das Erste: Mit anderen Kindern übers Klima reden und erzählen, wie es euch damit geht, dass alle die Umwelt kaputt machen. Das Zweite: Redet mit euren Eltern, Verwandten, erwachsenen Leuten darüber. Denn die Erwachsenen können wählen und die haben Jobs, die für das Klima eine Bedeutung haben. Die meisten Erwachsenen, die ich treffe und die sich fürs Klima interessieren, sagen, dass sie das wegen ihren Kindern tun. Darum habt ihr Kinder eine Riesenmacht! Und das Dritte: An euren Schulen kann man super viel machen. Man kann Solaranlagen aufbauen, schöne Gärten anlegen, wo Bienen sich wohlfühlen. Man kann sich mit Recycling beschäftigen, Bäume pflanzen, und vieles mehr.

Merle: Glaubst du, wir haben noch eine Chance, das Klima zu retten?
Luisa Neubauer: Klar, sonst würde ich das alles ja nicht machen. Und das Gute ist ja, dass wir viele Sachen für das Klima machen können. Beim Klima geht es nicht immer nur um das große Ganze – was macht China, was machen die USA? Egal was irgendwo anders passiert: Es macht zum Beispiel für euren Schulhof einen Unterschied, ob es den Bäumen da gut geht oder nicht. Die werfen im Sommer Schatten und dadurch wird es kühler. Und wenn ihr mit dem Fahrrad zur Schule fahrt, macht es einen großen Unterschied, ob es da einen Fahrradweg gibt. All das ist auch Klimaschutz.

Merle : Was war die größte Menschenmenge, vor der du eine Rede gehalten hast?
Luisa Neubauer: Das waren 230 000 Menschen. Das war vor drei Jahren, vor der Bundestagswahl. Wir waren in Berlin und es waren so viele Menschen da, dass ich von der Bühne aus nichts anderes gesehen habe, außer Menschen.

Moritz: Bist du aufgeregt, vor so vielen Leuten zu sprechen?
Luisa Neubauer: Ja und nein. Wenn es so viele Menschen sind, dann sehe ich deren Gesichter ja nicht, dann ist es nur ein Meer von Menschen. Wenn ich aber in einem Raum spreche, zum Beispiel vor einer Schulklasse, dann sehe ich jedes einzelne Gesicht. Und wenn da jemand gähnt oder wegschaut oder das Handy rausholen, dann denke ich sofort: Oh ne, der interessiert sich nicht, oh ne, jetzt habe ich was Blödes gesagt. Darum bin ich manchmal fast aufgeregter, wenn es wenig Leute sind.

Merle: Denkst du dir alles selbst aus, was du sagst?
Luisa Neubauer: Ja, ich denke mir alles selbst aus. Aber ich lese ganz viel und schaue Nachrichten und achte darauf, dass ich die Fakten richtig habe. Das ist sehr wichtig.

Moritz: Was glaubst du, warum im Wahlkampf zur Bundestagswahl kaum über Klimaschutz gesprochen wurde?
Luisa Neubauer: Ich glaube, dass einige der großen Parteien keinen richtig guten Plan für das Klima haben. Die hatten also gar keine Lust darauf, dass über das Klima gesprochen wird. Deswegen wollten sie lieber, dass über andere Themen gesprochen wird. Ich finde, das ist richtig krass. Denn die Klimakrise ist ja da, ob man darüber spricht oder nicht. Und wenn man in so einem Wahlkampf nicht darüber spricht, dann wissen die Menschen nicht Bescheid. Darum finde ich, das war ein sehr bitterer Wahlkampf, gerade auch für Kinder, die kaum eine Rolle gespielt haben.

Merle: Möchtest du mal Bundeskanzlerin werden?
Luisa Neubauer: Ich hoffe, dass wir tolle Leute finden, vor allem tolle Frauen, die Bundeskanzlerin werden. Und ich wäre froh, wenn das jemand anders übernimmt. Das ist ein wahnsinnig harter Job und man hat sehr, sehr wenig Zeit für seine Freunde und seine Familie und mir sind diese Menschen super wichtig. Ich glaube, ich würde unglücklich werden, wenn ich so wenig Zeit für sie hätte. Aber ich wäre bereit, stattdessen einen anderen harten Job zu machen.


Luisa Neubauer: Die 28-Jährige wurde in Hamburg geboren und hat drei ältere Geschwister. Sie ist Mitglied der Partei Bündnis 90/die Grünen und ist eine der Organisatorinnen der Fridays-for-Future-Demonstrationen. Zu Beginn dieser Bewegung streikten Schülerinnen und Schüler jeden Freitag, um für mehr Klimaschutz zu demonstrieren. Mittlerweile organisiert Fridays for Future etwa zweimal im Jahr weltweite Klimademos. Luisa Neubauer hat mehrere Bücher über Klimaschutz für Erwachsene geschrieben, ihr aktuelles heißt „Was wäre, wenn wir mutig sind?“. In ihrer Freizeit spielt die Klimaaktivistin gerne Fußball, kocht, backt und spielt Klavier. Manchmal fährt sie auch Ski, früher hat sie als Skilehrerin Kindern gezeigt, wie man einen Hang hinunterkommt.