Dafür oder dagegen? Social Media ab 16 Jahren

Susanne Suchy

Beim Thema Handys sind sich die meisten Experten einig: Sie haben in der Schule nichts zu suchen. Zumindest nicht, um private Nachrichten zu lesen. Und wäre es sinnvoll, Tiktok, Instagram und Co. erst ab 16 Jahren nutzen zu dürfen? Das haben wir Fachleute gefragt.

Dein Handy oder deine Smartwatch vibriert. Natürlich möchtest du schauen, wer dir geschrieben hat oder was es Neues gibt. Das geht fast jedem so. Im Unterricht lenkt das aber ziemlich ab. Deswegen können Schulen in Baden-Württemberg selbst regeln, wie, wann und wo Handys, Smartwatches und Tablets – mobile Endgeräte – auf dem Schulgelände genutzt werden dürfen. Zum Beispiel, ob sie in einen Tresor oder in eine Garage kommen, und an welchen Orten sie auch privat genutzt werden dürfen. Damit es dabei keine rechtlichen Schwierigkeiten gib, hat die Landesregierung von Baden-Württemberg das Schulgesetz geändert.

Schon verboten

In Australien dürfen Kinder und Jugendliche soziale Netzwerke erst mit 16 Jahren benutzen. Dazu hat die Regierung extra ein Gesetz gemacht. Das Gesetz soll junge Menschen zum Beispiel vor Gewalt, Cyber-Mobbing oder Cyber-Grooming schützen. Cyber-Grooming bedeutet, dass du in Online-Spielen oder sozialen Netzwerken Menschen kennenlernst, die so tun, als wären sie so alt wie du und wollten mit dir befreundet sein. Aber in Wirklichkeit stecken dahinter oft Erwachsene mit kriminellen oder sexuellen Absichten. Viele Länder in Europa nehmen sich Australien zum Vorbild und wollen ebenfalls eine Altersgrenze einführen. Auch Deutschland. Allerdings wissen sie noch nicht so genau, wie das Alter kontrolliert werden soll. In Australien klappt das bisher nicht so gut. Viele Kinder schaffen es, die Altersgrenze zu umgehen. Deswegen will die Regierung nochmal nachbessern.

Nachgefragt

Auch unter Experten gibt es unterschiedliche Meinungen – wir stellen dir zwei vor.

PRO Petra Grimm, Professorin für Medienethik an der Hochschule der Medien in Stuttgart: „Kinder und Jugendliche sollten frühestens ab einem Alter von 16 Jahren auf Social Media sein, weil es sie unglücklich macht. Kinder suchen nach Menschen, an denen sie sich orientieren können. Das ist ganz normal. Auf Social Media werden Influencer zu Vorbildern. Viele Kinder glauben, dass sie nur glücklich werden, wenn sie das gleiche Outfit wie ihr Lieblingsinfluencer tragen, das Gleiche essen oder dieselbe Musik hören. Wenn das aber nicht so klappt wie bei ihrem Vorbild, sind sie enttäuscht und verunsichert. Wer viel auf Social Media ist, vergisst unter Umständen, selbst herauszufinden, was ihm gefällt und die eigenen Stärken zu nutzen. Zudem ist das Gehirn durch Social Media vielen Reizen ausgesetzt. Es gewöhnt sich daran, dass dauernd etwas Neues und Spannendes passiert oder es für irgendetwas belohnt wird. Dieses schöne Gefühl will man dann immer wieder erleben. Doch mehr und mehr Wissenschaftler erklären, dass Kinder sich wegen dieser vielen Reize nicht mehr so gut konzentrieren können oder es ihnen schwerer fällt, ihre Muttersprache zu lernen. Einige meiner Studierenden sagen mir, dass sie es nicht schaffen, ein Buch zu Ende zu lesen. Zudem werden Kinder und Jugendliche früh mit Problemen wie Cyber-Mobbing oder Cyber-Grooming konfrontiert. Davor sollten sie geschützt werden.“

CONTRA Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands: „Es klingt verlockend: Wir verbieten Social-Media für alle, die jünger sind als 16 Jahre und schon ist man einige Problem los. Aber das stimmt nicht, und es ist auch nicht sinnvoll. Facebook, Instagram und Tiktok gehören zum Leben junger Menschen. Viele kommunizieren auf diesem Weg auch mit ihren Familien. Youtube etwa ist auch ein Ort, wo Inhalte aus dem Unterricht erklärt werden oder Kinder und Jugendliche Ideen und Anleitungen für verschiedene Hobbies finden können. Nicht alle Challenges auf Tiktok sind schädlich. Zum Beispiel in Bereichen wie Musik und Tanz können sie helfen, sich als Gemeinschaft zu fühlen. Deswegen müssen sie lernen damit umzugehen und Gefahren zu erkennen. Zu Hause genauso wie in der Schule. Eltern sollten bei der Handynutzung ein Vorbild für ihre Kinder sein. Lehrer müssen für die Herausforderungen durch soziale Netzwerke besser ausgebildet werden. Gegen Probleme wie Cybermobbing und Cybergrooming müssen Eltern und Schulen gemeinsam kämpfen. Wir sollten nicht ständig diskutieren, was Kindern verboten wird, sondern was wir ihnen ermöglichen können: Mehr Freizeitmöglichkeiten, mehr sichere Online-Räume und mehr Bildung.“